Mein Großer!

Bald stehen wieder „diese“ Tage an. Ich merke schon seit einiger Zeit, wie es langsam wieder in mir „hochkriecht“. In den Herbstferien traf es mich dann aber sehr plötzlich und ich war schlagartig wieder sehr nah dran an allem. Ich war mit Jussi im Hallenbad. Als wir nachmittags wieder zu Hause waren, hörte ich im Radio, dass einen Tag zuvor in Hagen ein 7-jähriger Junge in einem Schwimmbad ertrunken war. Am nächsten Tag stand es auch in der Zeitung. Das ging mir sehr nah, warum weiß ich gar nicht so genau. Ich hatte sofort wieder vergebliche Wiederbelebungsversuche vor Augen. Unsere in der Erinnerung und die des kleinen Jungen in der Vorstellung. Dazu ging mir die ganze Zeit im Kopf herum, was dieser Familie jetzt alles bevorsteht… Was da alles auf sie zukommen wird, wovon sie jetzt noch nichts ahnen.

Ich habe mich an viele dieser „Dinge“ erinnert, mit denen sich verwaiste Eltern ab dem Todestag ihres Kindes auseinandersetzen müssen; die sie aushalten müssen.

Ich erinnere mich …

… an den Brief von der Familienkasse , den ich kurz nach deinem Tod in den Händen hielt. In dem stand, dass wir nun kein
Kindergeld mehr für dich bekommen …

… wie ich im Heizungskeller stand, vor der getrockneten Wäsche. Deine Anziehsachen, die du nie wieder anziehen kannst …

… an die Verzweiflung nach jedem Aufwachen in der ersten Zeit, wenn nach einer Sekunde des Wachwerdens die unfassbare Wahrheit über mich hineinbrach …

… wie ich mit der Oma Hetty durch den OBI geirrt bin, um kurz vor Weihnachten Filippa zuliebe doch noch einen Tannenbaum zu kaufen …

… an den schrecklichen ersten Heiligabend, an dem es mich innerlich fast zerrissen hat; nur wenige Tage nach deinem Tod …

… ganz an den Anfang: die Beerdigung des eigenen Kindes organisieren. Überlegungen wie: „Was ziehst du an auf deiner letzten Reise?  Was müssen wir dir unbedingt mitgeben?“…

… wie es sich anfühlt, wenn dein Kind für immer aus dem Haus getragen wird …

… wie es mich Jahre später in bestimmten Momenten immer noch innerlich zerreißt und ich so oft im Alltag gute Miene zu bösem Spiel mache(n muss) …

Solche „Dinge“ halt. Nur so wenige Beispiele von so unendlich vielen. Ich habe das Bild schon öfters gezeigt, aber diese Zeilen treffen es einfach zu 100 %:

Verfasser unbekannt